Hofburg, Wien
Ansicht Großer Redoutensaal während einer internationalen Konferenz, Foto: Herwig Prammer
Enthüllung der Decke - die Verpackung fällt zu Boden - am 25. Oktober 1996
Unauslöschlich mit der österreichischen Kunstgeschichte verbunden ist Josef Mikl vor allem aufgrund seines größten öffentlichen Auftrages: Die Ausgestaltung des Großen Redoutensaals in der Wiener
Hofburg.
Nachdem 1992 ein verheerender Brand die Ausstattung des Großen Redoutensaales vernichtet hatte, entschloss sich die Republik Österreich für eine Neugestaltung. Mit Hilfe eines Wettbewerbes sollte
der geeignete Künstler gefunden werden. Mit seinen auf Texten von Karl Kraus, Johann Nestroy, Elias Canetti und Ferdinand Raimund basierenden Gemälden beeindruckte Josef Mikl und konnte die Jury
für sich gewinnen. In Öl auf Leinwand malte er zwischen 1994 und 1997 das 404 m2 (34,80x11,60 m) große Deckenbild und die 22 Wandbilder mit einer Gesamtfläche von 214 m2.
Der Große Redoutensaal gilt als österreichischer Staatssaal und da in den nächsten Jahren das Parlament renoviert wird, fungiert dieser Saal nun auch als Sitzungssaales der Abgeordneten.
(Gabriele Baumgartner)
Die Enthüllung der Decke
am 25. Oktober 1996
Josef Mikl: Großer Redoutensaal - Am Anfang
Durch die Deckengröße (404 qm) nicht mutlos zu werden, nicht ängstlich bei den Vorarbeiten, die kommende Hundearbeit zu sehen, zu beachten, den Auftrag trotzdem anzunehmen, ein schwerer Beginn,
Ich musste ein Deckenbild entwerfen und ausführen ohne Erinnerung an die Barockzeit oder an die Rokokozeit.
Es durfte kein Erinnerungsbild werden.
Bisher scheiterten neuere Maler an ihren tatsächlichen Barock- oder Rokokodecken.
(Anmerkung: Kokoschka wäre eine Ausnahme gewesen, aber unser blinden Republiken gaben keinen Auftrag.)
Foto Copyright:
HOFBURG Vienna, Kongress- und Veranstaltungszentrum
Redoutensaal
Länge: 40 m
Breite 17 m
Höhe: 16 m
Fläche: 680 m²
Decke (flacher Deckenspiegel)
Länge: ca. 36 m
Breite: ca. 13 m
Höhe und Breite der Hohlkehle: ca. 2 m
Leinwand: 3,10 x 11,60 m = 14 Bahnen
Gesamtformat Deckenbild: 34,80 x 11,60 m = 404 m²
Ölfarben: Winsor & Newton
Literarische Grundlagen:
Deckenbild: Karl Kraus "Jugend" (34 Verse)
Wandbilder: Johann Nestroy, Ferdinand Raimund, Elias Canetti
Nacht 26. auf 27. November 1992, Brand der Redoutensäle der Hofburg in Wien
Juni bis September 1994, Einladung zum internationalen Gutachterverfahren - Vorarbeiten
30. September 1994, Entwürfe 1:10 für das Deckenbild und die Wandbilder, Abgabe
10. Oktober 1994, Erste Jury
Oktober bis November 1994, Zwei Musterbilder 1:1, Abgabe
28. November 1994, Zweite Jury, Entscheidung
Dezember 1994, Ausstellung sämtlicher eingereichter und angenommener Entwürfe 1:10 zwei Musterbilder 1 : 1, Kunsthistorisches Museum
30. Mai 1995, Vertragsabschluss Auftragserteilung
1994 bis 1995, Ausführung des Decken-Ölbildes auf Leinwand im Atelier Praterstraße und Objekt 227 Arsenal
1994 bis 1997, Ausführung der Wand-Ölbilder im Atelier Praterstraße und Objekt 227 Arsenal
Juli 1996 Kaschierung und Montage des Deckenbildes im großen Redoutensaal
8. August 1996, Vorbesichtigung der Wandbilder in Arbeit Objekt 227 Arsenal
24. Oktober bis 17. Nov. 1996, Ausstellung Oberes Belvedere, Arbeiten zum Deckenbild des großen Redoutensaales der Wiener Hofburg 1994 - 1996, Katalog
25. Oktober 1996, Enthüllung der Decke
26. Oktober 1996, Erste Besichtigung
27. Oktober 1996, Tag der Offenen Tür 10 - 14 Uhr
Mai 1997, Fertigstellung der Wandbilder
13. Mai bis 20. September 1997, Ausstellung Schömerhaus Sammlung Essl, Arbeiten zu den Wandbildern und zum Deckenbild des großen Redoutensaales der Wiener Hofburg (1994 - 97)
26. Juni 1997, Lieferung und Abnahme der Wandbilder
Juli – August 1997, Kaschierung und Montage der Wandbilder im großen Redoutensaal
26. Oktober 1997, Wiedereröffnung Redoutensaal-Trakt der Wiener Hofburg
Josef Mikl: Literatur und Malerei
Das bessere Bild ist ausgewogen, Technik, Inhalt und Form ergänzen einander, sie sind im Gleichgewicht. Sprengt der Inhalt die Form, wird er das Wichtige, entstehen Salonbilder.
Gibt es gedankenlose Bilder?
Ein großer Raum mit Flecken und Streifen gefüllt ergibt eine leere Schachtel, einen sinnlosen Saal.
Ich war immer für Bücherkästen.
Bücherkästen mit gutem Inhalt.
Bücherkästen, die auch ausgelesen werden.
Keine Bestseller in den Regalen, keine Titelsucht.
Daher zuerst die Suche nach dem Inhalt, nach dem Gerüst des Ganzen.
Dann erst die Skizzen, die Probebilder, die Entwürfe.
Schließlich die Ausführung der Decke und später die Ausführung der Wandbilder für den großen Saal.
Für den großen Saal mit seinem Gleichgewicht.
Präsentation der Entwürfe (1:10) im Kunsthistorischen Museum, 1994
Arbeit an den Wandbildern, Arsenal
Die Wandbilder im Großen Redoutensaal mit Beleuchtung
Das Programm der 22 Wandbilder reflektieren Szenen aus den Werken von Johann Nestroy (10 Wandbilder: Einen Jux will er sich machen 1,2, Der Zerrissene 3,4,5, Nur Ruhe 6,7,8, Die verhängnisvolle Faschingsnacht 9,10), von Elias Canetti (2 Wandbilder, Stirnwand, Komödie der Eitelkeit) und Ferdinand Raimund (10 Wandbilder: Der Barometermacher auf der Zauberinsel 1,2, Der Diamant des Geisterkönigs 3,4,5, Der Alpenkönig und der Menschenfeind 6,7,8, Der Bauer als Millionär 9,10)
Die Wandbilder nach der Anlieferung, vor ihrer Aufkaschierung
Josef Mikl: Zu den Wandbildern
In meinen Bildern existierten immer schon eine Figur, Büste, die für sich und aus dem Bild heraussprach oder zwei Figuren, Büsten, die miteinander redeten.
Der Beschauer konnte die Gespräche verfolgen, auch wenn sie schwer zu verstehen waren, er mußte genau zuhören.
Daher fiel es jetzt leichter, die Ideen, die Abfolge entsprechender Wandbilder mit Monologen und Dialogen zu entwickeln.
Entstehen rechts und links zwei Figuren, durch den Rahmen begrenzt, so ist der Abstand zwischen den Figuren die Dialogfigur.
Die Malerei respektiert keine wortlosen, keine namenlosen Helden.
10 Wandbilder zu Johann Nestroy > Hier geht es zu den Infos und
einzelnen Abbildungen der Arbeiten >
10 Wandbilder zu Ferdinand Raimund > Hier geht es zu den Infos und einzelnen Abbildungen der Arbeiten >
Josef Mikl: Warnung vor Verschandlern
Schon jetzt ist die Decke des großen Saales zum Zirkuszelt verhängt.
(Vor einiger Zeit schrieb ich über einen Drahtseilakt.)
Wenn man Fehler begeht – auch ich habe Fehler begangen -, muss man sie eingestehen und beseitigen.
Bei der Beleuchtung wurden schwere Fehler begangen, ein ästhetischer Irrtum.
Doch die Zeit drängt, bald ist alles verhängt.
Österreicher lieben herbeigerufene Verhängnisse, und in der Zukunft ihre Entschuldigungen, aber das entschuldigt sich nicht.
Aus unerfindlichen, aber keinen guten Gründen, wurden die hängenden Röhrenluster nicht einfach gehängt (hängen!), sondern unter der Decke zusammengezogen.
Gab es jemals unter einer gemalten Decke zusammengezogene Luster?
Preisfrage.
Der einfache Eindruck des Saales ist durch solche Kinkerlitzchen preisgegeben.
Beleuchtungskörper für Redoutensaal, 1994
Öl auf Bütten
50 x 32 cm
Mikl Deckenbild und Wandbilder Großer Redoutensaal Wiener Hofburg 1994 - 1997
Josef Mikl (Hrsg.), Wien 1997
mit Texten von Otto Breicha (Mit eigentümlicher Eindrücklichkeit, Die Innenseiten einer riesigen Saal-Schachtel), Elias Canetti (Auszüge aus Komödie der Eitelkeit), Thomas Carlyle (Zitat), Sören Kierkegaard (Aus den Tagebüchern, 1846), Ferdinand Kürnberger (Der Reklamewolf in der Schafhürde), Josef Mikl (Das erste große Wandbild in Salzburg 1975 - 76, Am Anfang, Gegensatz Keilrahmen Kaschierung, Der Beginn der Arbeit, Wie die Decke gemalt wurde, Ein möglicher Drahtseilakt am Boden, Der kleine Entwurf und die große Decke, Literatur und Malerei, Idee und Inhalt, Zu den Wandbildern, Über die Karikatur und warum die Hawranek erfunden wurde, Theater und Malerei, Zu Nestroy, Zur Zukunft, Warnung vor Verschandlern), Johann Nestroy (Auszüge aus: Einen Jux will er sich machen, Der Zerrissene, Nur Ruhe, Die verhängnisvolle Faschingsnacht), Jean Paul (Zitat), Sigismund von Radecki (Aus: Wie ich glaube), Ferdinand Raimund (Auszüge aus: Der Barometermacher auf der Zauberinsel, Der Diamant des Geisterkönigs, Der Alpenkönig und der Menschenfeind, Der Bauer als Millionär), Artur Rosenauer (Eröffnungsrede Ausst. Belvedere, Eröffnungsrede Ausstellung Schömer Haus), Arthur Schopenhauer (Aus den Vorlesungen - Auszug) und Ludwig Tieck (Der gestiefelte Kater, Auszug)
116 Farbabbildungen, 30 Schwarzweißabbildungen
Auflage: 1.000 Stück
ISBN 3-901773-01-0
Mikl Zum Deckenbild des großen Redoutensaales der Wiener Hofburg 1994 - 1996
Josef Mikl (Hrsg.), Wien 1996
mit Texten von Otto Breicha (Mit eigentümlicher Eindrücklichkeit), Sören Kierkegaard (Aus den Tagebüchern, 1846), Karl Kraus (Jugend), Josef Mikl (Der Beginn der Arbeit, Am Anfang, Wie die Decke gemalt wurde, Der kleine Entwurf und die große Decke, Andere Einteilungen zur Kontrolle, Literatur und Malerei, Ein möglicher Drahtseilakt am Boden, Gegensatz, Keilrahmen, Kaschierung) und Sigismund von Radecki (Aus: Wie ich glaube)
34 Farbabbildungen, 7 Schwarzweißabbildungen
Auflage: 900 Stück
ISBN 3-901773-00-2
Links zu Texten auf der Homepage über Josef Mikl / Nestroy / Literatur / Kraus / Hofburg, Redoutensaal:
Gabriele Baumgartner: Josef Mikl - Nestroy - Häuptling Abendwind