Deckenbild, Großer Redoutensaal, 1994 - 96

Deckenbild, Gedicht "Jugend" von Karl Kraus

Josef Mikl: Der Beginn der Arbeit

 

Ich begann in der Mitte der großen weißen Leinwandbahnen, in der Mitte der Kindheit.

Aus der die guten Träume kommen – in der Mitte der Erinnerung.

Das Gedicht von Kraus handelt davon .

Heutzutage verachten viele ihre Kindheiterinnerungen, ihre Jugend betrachten sie als Schaden, ihre Eltern als Schädlinge.

Der Psychiater wartet schon.

Nun, es ist überstanden.

Es gab noch ein Problem: Die Arbeit entstand am Boden – lag am Boden wie ein Teppich, durfte aber kein Teppich werden.

Ein Teppich hat immer mehr Gewicht als eine Decke haben soll.

Die Decke hängt jetzt über uns mit weniger Gewicht, sie hängt in der Luft, aber nicht als Luft für die Luftikusse.

 

Signatur mit Notizzettel

Widmung Hl Josef im Deckenbild

Josef Mikl: Idee und Inhalt

 

Der Satire, den tragisch-komischen Komödien, stehe ich näher als den erbaulichen Stücken.

Dem kritischen Gespräch näher als dem wohlgestimmten.

Daher meine Auswahl der Monologe und Dialoge aus den Stücken unserer großer Satiriker. 

Keine Sprache hat größere gebildet.

Im Sommer 1994 entstanden im Burgenland, neben der Textauswahl, die ersten Zeichnungen und Entwürfe.

Als oftmaliger Leser mit dem schlechtesten Gedächtnis mußte ich vieler wieder prüfen.

Nicht alles ist für die Malerei geeignet, manches widersteht und würde literarisch oder musikalisch besser wirken.

Oft sind großartige Gespräche zu mächtig für zwei Figuren, für drei, mehr sollten nicht auf die Bildfläche kommen.

Textstellen wollte ich hineinmalen, wie in die Decke auch.

Keine Spruchbänder, keine sprachlosen Sprechblasen, sondern die Wörter in die Malerei hineingemalt als Malerei.

Meine Handschrift scheint schwer lesbar, daher werden die wenigen ausgesuchten Texte erläutert.


Im Arsenal. Die blanken Leinwandbahnen auf dem Boden und der Originalentwurf immer an einem Ende an die Wand montiert, zur Kontrolle sehend.

Josef Mikl: Der kleine Entwurf und die große Decke

 

Der Entwurf wurde 1:10 verlangt.

Jedes Format hat sein Gesetz.

Wie die Briefmarke, auch sie hat ihr Formatgesetz.

Daher sind die alten Briefmarken gelungen, sie sind nur Briefmarken, sonst nichts.

Die neuen hingegen stellen große Bilder auf kleinen Formaten dar, ein Bildungsschwindel.

Zurück zur Frage: anfangs war die Situation fürchterlich. 

In der großen Halle, die Leinwand auf einem 10 cm hohen Arbeitstisch montiert, kaschiert, die wahre Größe sichtbar, ich mit einer kleineren Farbaufnahme des Entwurfes 1:10. 

Mit den eingeteilten Bahnen.

Wie zur Vergrößerung bestimmt.

Das konnte nicht funktionieren.

Was klein ist ist klein und kann für Größeres nicht vergrößert werden.

Ein schlechtes Beispiel: Der Meister übergibt die Entwurfskizze seiner ausführenden Künstlergemeinschaft, naturgemäß ist die Ausführung eine Vergrößerung.

Der Meister sieht das Bild erst wieder nach der Fertigstellung (passender Ausdruck) und ist einverstanden.

Ende.

Da jeder Pinselstrich auf dem Deckenbild von mir kommen mußte, konnte ich nur im „Tagwerk“ arbeiten.

Wie bei der Freskomalerei, natürlich nicht mit der Freskomalerei als Voraussetzung, sondern mit der Ölmalerei als Voraussetzung.

Soweit der Arm reicht, soweit reicht die Arbeit, die man verrichten kann, an einer Stelle, dann muß sie trocknen.

Später liegt endlich die Bildskizze grob auf der Leinwand, die Übersicht.

Originalentwurf 1 : 10, 1994

Die Textvorlage Karl Kraus "Jugend" mit den Farbspritzern der Ölfarbe und Mikls Notizen, die während des Malaktes im Arsenal (als Ausweichatelier aufgrund des Formates des Deckenbildes), immer an der Wand präsent war.

Vers 6 und 12

Alle 34 Verse von Karl Kraus finden sich in die Malerei eingewoben. Sie sind vom Boden stehend und hinauf blickend nicht sichtbar, aber Josef Mikl fertigte noch vor der Aufkaschierung einzelne Fotos der Verse in der Malerei an.

 

Verse: 9, 3 und 13; 17 und 18

Josef Mikl: Wie die Decke gemalt wurde

 

Die Decke malte ich wie einen Fisch.

(Fische sind schwer zu malen.)

Wie einen Fisch mit Kopf und Schwanz und Schuppen und Gräten.

Nicht abgezogen und kleingeschnitten, zu Filetstücken verkommen, die sich der Betrachter leicht aufgeblasen vorstellen kann, zu Wolkengebilden aufgeblasen – im gelungenen Wolkenhaus hängen dann die vollendeten Wolkenbilder mit den geschliffenen Wolkenglaslustern -. 

(Siehe: Warnung an die Verschandler.) 

(Das Kaschieren der Probeleinwände im Atelier, später der Leinwandbahnen auf den Arbeitstischen in der Fabrikhalle und die endgültige Montage der Decke im großen Redoutensaal wurden von der Firma Karl Gromes, ehem K u K Hoftapezierer, durchgeführt.)

Im Redoutensaal stand noch das große Baugerüst, mit seiner Hilfe wurde das schwere Deckenbild oben angebracht.

Die Arbeiten am Deckenbild im Arsenal

Rund um die Arbeiten am Deckbild entstanden zahlreiche Skizzen, Werke, die das Thema nochmals aufgreifen, zwei weitere Entwürfe.... Hier ist der Link zu den weiteren Arbeiten zum Deckenbild ->

Josef Mikl: Das erste große Wandbild in Salzburg 1975-76

Die einzelnen Leinwandbahnen bleiben durch ihre übereinander gelegten Ränder plastisch sichtbar.

Sie sind die groben numerierten Einteilungen.

Notwendig für den Tapezierer, das lernte ich in Salzburg.

In den ursprünglichen Entwürfen für Salzburg war der Pantokrator klein.

Er wurde immer größer, denn die Wand verlangte es.

Wäre er klein geblieben, würde er heute Sedlacek heißen oder Klein.

Mit ihm wurden auch die Aposteln und Jerusalem größer, denn die Wand verlangte es.

Zu der Arbeit an den damaligen Ölbilder-Leinwandbahnen: ich konnte jeweils nur an zwei arbeiten (der spätere Speisesaal war mein Atelier geworden), eine bemalte Bahnfläche 8,50 x 2,10 m groß, wurde in die Kapelle zu den anderen Bahnflächen gehängt, zur Kontrolle, man konnte sie beliebig auswechseln, weggeben, später vernichten oder daran weiterarbeiten.

Ein stabiles fahrbares Gerüst war vorhanden.

Schließlich hingen alle Bahnen überprüft und wurden befestigt.