Alfred Klinkan und seine Phantasie, 1996

 

Auszug aus einem seiner Briefe:

…ich stehe auch etwas unter Erwartungshaltung wegen meiner kleinen Ausstellung hier in München…

Drei Beschäftigungen mit dem Kreis habe ich ausgewählt für meine Präsentation:

1 Ein nördliches Sternbild 290x300 cm von einem Diptychon (nördlich und südlich) als literarische Arbeit nach Stich von 1660

2 Eine Rolle von 1972 (in meiner Studienzeit bei Dir) mit der Aufschrift (Wie die Verpflegung, so die Bewegung) mit Draht als Haus mit darunter einem Bild von 88 ‚Reaching out‘ auch literarisches Symbol für das Loch in den Himmel

3 Sechs abstrakt freie Bilder in Anordnung bzw. Auswahl in der Vorstellung vom chromatischen Farbzirkel, (von Einladungskarte)…

Alfred Klinkan kam in unsere unsichere Malerwelt – wie immer durch Richtungen unsicher gemacht – als ein sich sicher fühlender Kandidat zur Aufnahmeprüfung an die Akademie der bildenden Künste in Wien.

Aus dem Militärdienst entlassen, brachte er eine große Packpapierrolle mit, zu groß für den Perspektivesaal, mit seinen Fußabdrücken darauf, aber eine gute Arbeit.

Die Bemerkungen einiger meiner Kollegen waren klassisch, wie Melchior bei Nestroy sagt. Ich hatte aber meinen besten Studenten gewonnen.

Zeitlebens meinte mein Vater, Männer ohne Gesichter müssten Bärte tragen. Das war (er erlebte zweimal große Zeiten), passend gesagt. Klinkan trug seinen Bart später, mehr als ein Scheerbart, als ein König Drosselbart, der, der aus dem Märchen kommt.

Obwohl er aus dem Märchen kam, war sein Weg klar – vom Anfange an fest bestimmt – seine Form in seinem Kopfe ausgebildet, nicht zu bilden und nicht zu verbilden. Ein fester Grund.

Meine Grundierkurse schätze er besonders, denn als ein guter Maler wusste er, dass Technik, Inhalt und Form einander ergänzen und eine notwendige Einheit bilden.

Dass die Malerei abwechselnd und zusammenwirkend aus Handwerk, Konzentration, Qualitätsgefühl und Erfinderschicksal besteht, wusste er ebenfalls, wir hatten das oft besprochen.

Solches ist naturgemäß unfassbar für eine Gesellschaft, die ausgebildet ist in Faulheit, Dummheit, Schwindel und Betrug.

Von seiner Phantasie wurde er oft alleine gelassen, das stimmt, aber sie verlieh ihm Flügel, liebenswürdige Flügel, die ihn nie zu Fließbandgalerien brachten.

Gott sei Dank.

Er wäre sonst auf das „Abmalen“ alter Kunstpostkarten, auf das „Wiederholen“ längst überholter Stile geflogen.

Wie viele Maler tragen falsche Flügel: Geflügel, sonst nichts. Wie viele meinen hochgestiegen zu sein, wie Ikarus, liegen längst am Boden – oder sind sie nie gestiegen?

Guter Klinkan, er hat sein kurzes Leben lang keine Schwierigkeiten mit dem Finden gehabt, mit dem Erfinden. Denn er hatte seine Phantasie.

1981 bekam Klinkan den Otto-Mauer-Preis. Für ein wunderbares Triptychon, ausgestellt in der Virgil Kapelle (unter St. Stephan in Wien). Mein Vorschlag in der Jury war damals, diese 3 Bilder für die Mauer-Sammlung zu behalten, zu erhalten. Die Otto-Mauer-Gesellschaft hatte damit Schwierigkeiten. Keine Zustimmung.

Sein Triptychon wurde später im Dorotheum verschleudert. Viele seiner Arbeiten kamen ins Dorotheum.

Klinkan liebt seine Bilder. Klinkan liebte seine Kinder, und in seinen Familienbildern spielen sie mit den Klinkan-Tieren zufrieden zusammen. Ausgezeichnet.

Und alle guten Menschen wissen es, seine Idee war er, so sicher war er in dieser Welt, in der er oft so wenig ausrichten konnte, denn sie scheint für die gemacht, die es sich richten können.

Einen guten Flug mit Deinen Flügeln – guter Klinkan, dort, wo Du hinkommst, wirst Du keinen Kunstrichter finden!

 

in: Josef Mikl, Alfred Klinkan und seine Phantasie, in: Ausstellungskatalog, Kulturhaus Graz

 

Foto: Akademieklasse 1971